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Erfolg durch Kooperation zwischen Hersteller und Handel

Efficient Consumer Response (ECR)
Erfolg durch Kooperation zwischen Hersteller und Handel

Erfolg durch Kooperation zwischen Hersteller und Handel
Gewichtung der Ziele bei der Einführung des ECR-Konzeptes (Quelle: WHU)
Univ.-Prof. Dr. Christian Homburg, Dipl.-Kfm. Andreas Grandinger, Dipl.-Kfm. Harley Krohmer

Efficient Consumer Response (ECR) erfährt sowohl bei Markenartiklern als auch im Handel beträchtliche Aufmerksamkeit. Im Kern geht es bei diesem Konzept darum, die bislang konfliktreiche Beziehung zwischen Hersteller und Handel kooperativ zu gestalten – zum beiderseitigen Nutzen. Im folgenden wird nach einer kurzen Darstellung des Konzeptes und der Ergebnisse einer empirischen Untersuchung über den derzeitigen Stand der Umsetzung von ECR berichtet. Die empirische Untersuchung bezieht sich ausschließlich auf die Herstellerseite; Handelsunternehmen wurden nicht befragt.
ECR-Konzept und seine Teilstrategien
Im Rahmen von ECR wird der Waren- und Informationsfluß zwischen Hersteller und Handel ganzheitlich gesteuert und optimiert, hauptsächlich die Bereiche Bestellwesen, Sortimentsgestaltung, Verkaufsförderung und Produktentwicklung. Im Vordergrund stehen vertikale Kooperationsstrategien zwischen Industrie und Handel durch Harmonisierung der Prozeßabläufe. Das Hauptziel des ECR-Konzeptes besteht in der Schaffung eines Distributionssystems, bei dem die Produktion durch die Nachfrage der Konsumenten am Point-of-Sale (POS) gesteuert wird.
ECR baut auf fünf grundlegenden Gestaltungsprinzipien auf:
  • 1.Kundenorientierung – Konzentration des Gesamtprozesses auf Strategien, die zusätzlichen Nutzen für den Kunden schaffen, bei gleichzeitiger Reduzierung der Kosten in der Wertschöpfungskette.
  • 2.Kooperation statt Konfrontation – Bereitschaft des Managements, die traditionell konfliktgeprägte Beziehung zwischen Handel und Industrie durch Beziehungen zu ersetzen, in denen beide Partner zum gemeinsamen Vorteil agieren.
  • 3.Informationseffizienz – Sicherstellung eines exakten und schnellen Informationsflusses in der gesamten Wertschöpfungskette durch elektronischen Datenaustausch (EDI) zwischen den Partnern und effizienter Softwareprogramme im internen Bereich.
  • 4.Integrierter Warenfluß – Optimierung des Warenflusses von der Produktion bis zum Verbraucher, um die jederzeitige Verfügbarkeit der Produkte sicherzustellen.
  • 5.Effiziente Leistungsmessung – Einigung beider Partner auf ein Verfahren zur Leistungsmessung, das auf die gesamte Wertschöpfungskette ausgerichtet ist. Dadurch können Prozesse optimal gesteuert und erzielte Einsparungen fair aufgeteilt werden.
Im Rahmen des ECR-Konzeptes unterscheidet man die folgenden vier Teilstrategien:
–Effiziente Nachbestellungen
–Effiziente Sortimentsgestaltung
–Effiziente Aktionen und Verkaufsförderungsaktivitäten
–Effiziente Produktentwicklung.
Im Mittelpunkt steht die Gestaltung einer effizienten Nachbestellung. Ziel ist es, das richtige Produkt am richtigen Ort, zum richtigen Zeitpunkt und in der richtigen Menge zur Verfügung zu stellen. Dabei werden die bisher getrennt betrachteten Beschaffungsprozesse von Hersteller und Handel zu einem einzigen, vereinheitlichten Beschaffungsvorgang integriert, die Produktbewegungen durch die Beschaffungskette sollen die tatsächliche Nachfrage des Konsumenten widerspiegeln.
Ziel der effizienten Sortimentsgestaltung ist es, die Kundenzufriedenheit zu optimieren und den vorhandenen Platz im Handel so zu nutzen, daß die Profitabilität für Hersteller und Handel gesteigert wird. Einen Hauptaspekt bildet dabei das Category-Management, das einzelne Produkte zu Kategorien zusammenführt, die jeweils selbständig als strategische Geschäftseinheiten geführt werden.
Verkaufsförderungsfragen gehören zu den wichtigsten Themen in der Beziehung zwischen Handel und Hersteller. ECR zielt auf eine Vereinfachung des Konditionensystems und eine Reduzierung auf wenige Bestimmungsgrößen ab, um Vorauskäufe des Handels zu verhindern. Dadurch sollen der Warenfluß kontinuierlich gestaltet und der Verwaltungsaufwand reduziert werden.
Das Ziel bei der Optimierung der Einführung neuer Produkte besteht darin, Ineffizienzen in diesem Prozeß durch eine engere Kooperation der Partner zu reduzieren, Kosten einzusparen und gleichzeitig das Produktangebot zu verbessern. Das Konzept umfaßt die Auswertung von POS-Daten, häufigere Produkttests im Handel sowie eigene Vorschläge des Handels für Produktverbesserungen.
Fragen und Grundlagen der Untersuchung
Im Rahmen der empirischen Untersuchung werden folgende Fragen beantwortet:
•Wie viele Unternehmen setzen bereits ECR um, planen dies zu tun bzw. wollen mittelfristig keine ECR-Kooperation eingehen?
•Welche Bedeutung haben die einzelnen Ziele bei der Umsetzung des Konzeptes?
•Wie stark sind einzelne Merkmale der ECR-Teilstrategien bisher umgesetzt worden bzw. geplant?
•Welchen Nutzen bringt ECR und wie lange dauert die Umsetzung?
•Wie läßt sich die Beziehung zum Handel im Rahmen eines ECR-Konzeptes charakterisieren?
•Welche Auswirkungen hat ECR auf die Organisation des Herstellers?
•Welche Barrieren behindern die Umsetzung des ECR-Konzeptes?
Die der Untersuchung zugrundeliegende Stichprobe umfaßt 52 Markenartikelunternehmen aus der Verbrauchsgüterindustrie. Die beteiligten Unternehmen erzielten 1994 insgesamt einen Umsatz von ca. 80 Mrd. DM in Deutschland, ca. 50% des relevanten Verbrauchsgütermarktes.
Anzahl und Status von ECR-Projekten
Die betrachteten Unternehmen lassen sich in drei Untersuchungskategorien einteilen. Eine ECR-Kooperation mit einem Handelspartner existiert bei 38% der Unternehmen, 40% planen diese innerhalb der nächsten Zeit und 22% wollen mittelfristig keine ECR-Kooperation beginnen.
Dabei betreiben bereits 48% der großen Unternehmen eine ECR-Kooperation, 33% planen eine solche und 19% beabsichtigen dies mittelfristig nicht. Kleine Unternehmen planen demgegenüber zu 50% ECR-Kooperationen. Bei jeweils 25% existiert diese schon bzw. ist mittelfristig keine geplant.
Ziele bei der Umsetzung
Einsparungen in der Beziehung zwischen Hersteller und Handel zu erzielen, steht bei Unternehmen, die ECR planen bzw. umgesetzt haben, mit 28% im Vordergrund. Die Bedeutung der weiteren Ziele Prozeßbeschleunigung und Prozeßfehlerfreiheit in der Beziehung zum Handel sowie eine stärkere Bindung des Handels an das eigene Unternehmen variieren nur gering. Die stärkere Orientierung auf die Bedürfnisse der Konsumenten steht als fünftes Ziel an letzter Stelle. Für kleinere Unternehmen ist die Bindung des Handels relativ wichtiger als bei mittleren und großen Unternehmen (21% gegenüber 18% und 13%).
Das Hauptziel von ECR besteht im Ausschöpfen von Ein-sparungspotentialen. In der vorliegenden Untersuchung werden die erwarteten Ein-sparungen mit 3,7% bezogen auf den Endverbraucherumsatz angegeben. Unternehmen, die bereits eine ECR-Kooperation durchführen, schätzen die Einsparungspotentiale mit 5,3% mehr als doppelt so hoch ein wie Unternehmen, die demnächst damit beginnen wollen ( 2,1%). Erst bei der Umsetzung des Konzeptes wird also deutlich, welche Einsparungspotentiale in der Wertschöpfungskette zwischen Handel und Industrie zu realisieren sind. Auf den Hersteller entfallen dabei 38% des Nutzens, auf den Handel 62%.
Ein ECR-Projekt benötigt in der Regel zwei Jahre für die Umsetzung. Die daraus resultierenden Einsparungen werden jedoch nach Einschätzung der Befragten erst in 2,5 Jahren realisiert.
Umsetzungsmerkmale
Erst die Hälfte der Unternehmen mit einer ECR-Kooperation hat eine unternehmensübergreifende Analyse der Prozeßkette durchgeführt. Der elektronische Austausch von POS-Daten weist einen noch geringeren Umsetzungsgrad auf. Erst 31% der Unternehmen sehen sich hier weit fortgeschritten. Der für die Implementierung notwendige elektronische Austausch von POS-Daten ist damit gegenwärtig als Engpaßfaktor anzusehen. Bei den geplanten ECR-Kooperationen wollen 82% der Unternehmen ihre Prozeßkette analysieren.
Die Elimination nicht wertschaffender Tätigkeiten im Unternehmen ist bei bestehenden ECR-Kooperationen weiter vorangeschritten, als dies bei den geplanten erwartet wird. 40% dieser Unternehmen konnten in größerem Umfang Aktivitäten eliminieren, wäh-rend nur 18% der planenden Unternehmen hier eine hohe Bedeutung sehen. Dies zeigt, daß bei der Elimination nicht wertschaffender Aktivitäten in der Praxis erhebliches Potential zu finden ist.
Als wichtigster Aspekt wird deutlich, daß die Bestimmung des Lagerbestandes beim Handel für den Hersteller über die POS-Daten noch nicht verwirklicht wurde. Nur 27% der Unternehmen erhalten Zugang zu den dafür notwendigen POS-Abverkaufsdaten des Handels. In geplanten ECR-Kooperationen wird dies jedoch als wichtiger Bestandteil und von 53% der Unternehmen als realisierbar eingeschätzt.
Die Reduzierung der Lagerbestände spielt beim Hersteller eine geringe Rolle. Erst 12% der Unternehmen konnten ihre Lagerbestände merklich reduzieren, nur 6% der Unternehmen gehen in der Planung von einer Reduzierung aus. Eine Verringerung von Bestandslücken ihrer Produkte im Handel wurde von 35% der Unternehmen beobachtet.
36% der Herstellerunternehmen veranlassen im Rahmen ihrer ECR-Kooperation für den Handel die Auslösung von Bestellungen, die meistens bestätigt werden. Dessen Möglichkeit, die Verantwortung über das Lager und damit über die Kapitalbindung an den Hersteller zu übertragen, hat insgesamt keine hohe Bedeutung.
Die Nutzung von POS-Daten zur Sortimentsgestaltung erfährt die bisher stärkste Umsetzung. Den Einsatz von POS-Daten zur Sortimentsgestaltung haben 53% der Unternehmen bisher verwirklicht. Interessant ist, daß bereits 50% der Unternehmen Sortimente herstellerübergreifend gestalten, in der Planung dies jedoch nur von 35% der Unternehmen erwartet wird.
Auswirkungen auf die Organisation
Die empirische Untersuchung der Auswirkungen zeigt, daß in der Intensivierung einer abteilungsübergreifenden Zusammenarbeit das Hauptkriterium einer erfolgreichen Umsetzung des ECR-Konzeptes liegt. 84% der Unternehmen sehen hierin eine große Bedeutung. Ebenso hoch ist die Bedeutung der Prozeßorientierung im Unternehmen (78%). Damit bestätigt sich die Vermutung, daß die interne Ablauforganisation sich von einer funktionsorientierten zu einer prozeßorientierten Sichtweise wandelt.
Das Category-Management wird in den nächsten Jahren aufgrund von ECR deutlich wichtiger werden, während der Außendienst erheblich an Wichtigkeit einbüßen wird. Produktmanagement und Key-Account-Management werden ihre Bedeutung behalten.
Barrieren bei der Umsetzung
Die Umsetzungsprobleme lassen sich in handelsbezogene und unternehmensinterne Merkmale unterteilen. Bei ersteren dominieren die Differenzen über die Verteilung der Einsparungspotentiale das bisherige Konfliktverhalten und die nicht ausreichende Vorbereitung der Organisationsstruktur des Handels auf die Einführung von ECR.
Die geringste Barriere wird im Mißbrauch von offengelegten Daten gesehen. Nur 29% der Unternehmen konstatieren hier größere Probleme. Dabei wird deutlich, daß die Organisationsstruktur des Handels in der Praxis eine größere Barriere darstellt, als in der Planung erwartet (63% gegenüber 47%).
Im betriebsinternen Bereich liegt die größte Umsetzungsproblematik in der Verfügbarkeit von Ressourcen für ECR. Das mangelnde Wissen der Mitarbeiter über das Konzept und seine Umsetzung stellt bei 30% der Unternehmen eine große Barriere dar.
Eine fast gleiche Bedeutung erfahren jedoch die Informationstechnik und die Datenverarbeitung.
Zusammenfassung
Die empirische Untersuchung hat das Interesse an ECR bestätigt. Die Umsetzung steckt noch in den Anfängen, wird aber in den nächsten Jahren konsequent weiterverfolg. ECR bietet die Chance, die Austauschbeziehung zwischen den Verbrauchsgüterunternehmen und dem Handel auf eine neue, vertrauensvolle Basis zu stellen und somit das Relationship-Marketing auf die Schnittstelle zwischen Industrie und Handel zu übertragen.
Ein ausführlicher Bericht über die Ergebnisse der Studie kann zum Preis von 40 DM beim Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre bestellt werden.
(Tel. 02 61/ 65 09-2 00)
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